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Immunthrombozytopenie (ITP)

ICD-10 D69.3
Stand März 2021
Dies ist die aktuell gültige Version des Dokuments

Therapiestruktur

Abbildung 1: Algorithmus zu Therapieempfehlungen bei Immunthrombozytopenie 
1watch&wait – abwartendes und beobachtendes Verhalten;
2watch&wait in der Erstlinientherapie bei Thrombozyten <20-30.000/µl und fehlender oder minimaler Blutungsneigung kein Therapiefehler, wenn nach ausführlicher Aufklärung Kortikosteroide weiterhin abgelehnt werden.
3TRA – Thrombopoetin-Rezeptor-Agonist (Eltrombopag, Romiplostim);
4bei schweren Blutungen WHO Grad III oder IV, siehe auch Kapitel 6.1.3.3;
5Zulassung beachten: Eltrombopag „off-label“ bei Erkrankungsdauer kürzer als 6 Monate, Avatrombopag und Fostamatinib “off-label“ bei Erkrankungsdauer kürzer als 12 Monate, Romiplostim kann nach Versagen einer Kortikosteroidtherapie unabhängig von der Erkrankungsdauer bereits früher verordnet werden;
6Splenektomie möglichst erst nach dem 12. Monat empfehlen;
7Zulassungsstatus siehe ITP Zulassung
Abbildung 3: Absetzschema  
* Es gibt bisher keinen Konsens, wie lange die Thrombozytenzahl vor einem Absetzversuch stabil im Zielbereich eingestellt sein sollte. Die Angaben in der Literatur schwanken zwischen 4 und 12 Monaten. Die hier angegebenen 6 Monate stammen aus der aktuellen Publikation von Zaja et al. [19];
** Solange die Thrombozytenzahl nach der Dosisreduktion nicht wieder unter 30 x 109/L abfällt (nicht unter 50 x 109/L, wenn die Patient*innen sonst Blutungen entwickeln) reduziert man weiter.
Abbildung 4: Differenzialdiagnose der Thrombozytopenie in der Schwangerschaft 
1 EDTA - Ethylendiamintetraessigsäure;
2 GT – Gestationsthrombozytopenie;
3 ITP – Immunthrombozytopenie;
4 HIV – humaner Immundefizienzvirus;
5 HELLP – Syndrom (hämolytische Anämie, erhöhte Leberwerte, Thrombozytopenie);
6 TTP – Thrombotisch Thrombozytopenische Purpura;
7 HIT – Heparin-induzierte Thrombozytopenie;
8 z. B. myelodysplastisches Syndrom, myeloproliferative Neoplasien
Abbildung 5: Antikoagulation bei Thrombozytopenie 
1 wenn es dennoch zu Blutungen kommt: Dosis reduzieren
2 z.B. Heparin in halbtherapeutischer oder prophylaktischer Dosierung oder Thrombozytenhemmer jeden 2. Tag; wenn es dennoch zu Blutungen kommt: Dosis reduzieren.
Wenn es zu Beschwerden durch erneute Gefäßverschlüsse kommt: Dosis erhöhen
3 In der Regel keine Antikoagulation, außer in Fällen mit hohem Risiko einer erneuten Thromboembolie oder eines erneuten arteriellen Gefäßverschlusses. Empfehlung:
Wenn Blutungen durch die Thrombozytopenie klinisch im Vordergrund stehen → keine Antikoagulation,
Wenn Beschwerden durch Gefäßverschlüsse im Vordergrund stehen → Antikoagulation mit halb-therapeutischer oder prophylaktischer Dosis und je nachdem, ob dann Blutungen auftreten oder nicht, Dosis anpassen. Alternativ: Anheben der Thrombozytenzahl durch ITP-spezifische Therapie. Manchmal kann auch bei ITP-Patient*innen ein Ansprechen auf Thrombozytenkonzentrate beobachtet werden (siehe Kapitel 6.1.3.3.3). Wenn so Thrombozyten >50.000/µl ansteigen, dann volldosierte Antikoagulation.

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Kommentare

29.07.2023 15:32
Aristoteles Giagounidis sagt
29.07.2023 15:32

Der Algorithmus zur Therapie der ITP muss überarbeitet werden. Wie in den Definitionen der Blutungsneigung dargestellt wird, bedeutet eine Blutungsneigung von Grad II nach WHO, dass Patienten Ekchymosen >10 cm, Epistaxis von >1 Stunde Dauer, retinale Blutungen oder Meläna aufweisen. Diese Patienten dürfen unter keinen Umständen - auch nicht bei Thrombozytenwerten >20.000/µl - nur beobachtet werden. Selbst für WHO-Blutungen vom Grad I (subkonjunktivale Blutungen, Schleimhautblutungen im Mund, also sogenannte "wet purpura") ist watch and wait nicht anwendbar, ohne sich rechtlich angreifbar zu machen.

18.08.2023 11:50
Christoph Mußmann sagt
18.08.2023 11:50

Sehr geehrte Frau Kollegin
Sehr geehrter Herr Kollege,

vielen Dank für den Hinweis. ich kann Ihre Sorge teilen, dass ein Patient mit Blutungen °II, dem eine Behandlung verwehrt wird, einen Fehler geltend machen kann. Das heißt im Umkehrschluss aber nicht, dass jeder Patient mit °II Blutungen behandelt werden muss. Die Autorengruppe hat gerade dieses Thema lange diskutiert - und wird dies auch für die nun anstehende Aktualisierung diskutieren - und immer wieder betont, dass in jedem Einzelfall eine individuelle Abwägung notwendig ist (und dokumentiert werden sollte). Deshalb steht im Algorithmus der Abb. 1 auch „oder“ und im Text wird wiederholt darauf hingewiesen, dass es keine starren Behandlungsgrenzen gibt, sondern immer eine Diskussion mit dem Patienten erfolgen muss. Es wäre also kein Fehler, auch bei über 20-30.000 Thrombozyten/µl zu behandeln.

Mit freundlichen Grüßen,
Prof. Matzdorff